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Ein „Plus“ für Vinzenz
Lachen und Weinen liegen bei der Geburt des kleinen Vinzenz im Frühjahr 2017 nah beieinander: Denn in die Freude über das Baby mischt sich kurze Zeit später Verzweiflung: Der Junge leidet an Mukoviszidose, einer unheilbaren Stoffwechselerkrankung. Heute blickt die junge Familie aus dem Straubinger Raum optimistisch in die Zukunft: Der mittlerweile knapp Vierjährige lebt ein weitgehend normales Leben. Möglich macht dies neben dem Engagement der Eltern ein kluges Behandlungskonzept, für das die KUNO-Klinik St. Hedwig in Regensburg mit dem Prädikat „Muko.zert Plus“ als zertifiziertes Mukoviszidose-Zentrum ausgezeichnet wurde.
„Die sehen wir eh nie wieder!“, denkt sich Melanie O. insgeheim, als sie 2017 im Beratungsgespräch mit Dr. Andrea Schweiger-Kabesch, Leiterin der Mukoviszidose-Ambulanz an der KUNO-Klinik St. Hedwig, sitzt. Wenige Tage zuvor ist ihr zweites Kind Vinzenz wegen schwerer Atemprobleme direkt nach der Geburt von Straubing nach Regensburg verlegt worden. Die Ärztin sensibilisiert die Familie für eine mögliche Diagnose Mukoviszidose. Da aber in der Verwandtschaft bislang kein einziger Fall von Cystischer Fibrose – ein anderer Name für diese unheilbare Stoffwechselerkrankung - aufgetreten ist, sind die Eltern zuversichtlich. Doch aus dem Verdacht wird nach einem mehrstufigen Testverfahren Gewissheit. „Wir haben Dr. Schweiger-Kabesch dann noch viele Male gesehen“, meint die Mutter mit einem Augenzwinkern. In der Rückschau erweist sich die frühe Begegnung mit der Ärztin als Glücksfall: Das Mukoviszidose-Zentrum an der Klinik St. Hedwig zählt zu den vier größten Einrichtungen seiner Art in Bayern und arbeitet auf neuestem medizinischen Stand.
Erfahrung zählt!
Deshalb wurde das Zentrum vor kurzem vom Bundesverband Cystische Fibrose mit dem Qualitätssiegel Muko.zert Plus ausgezeichnet. Dr. Alexander Kiefer ist Oberarzt an der Abteilung für pädiatrische Pneumologie und Allergologie und hat den Zertifizierungsprozess begleitet. Er freut sich über das Zertifikat: „Die Auszeichnung ist ein Spiegel dessen, was wir hier täglich tun.“ Und die Regensburger Mediziner wissen, was sie tun: Mit rund 90 Patienten pro Jahr übertrifft man die geforderte Fallzahl von 20 bei weitem. „Gerade bei einer so komplexen Erkrankung wie der Mukoviszidose ist Erfahrung gefragt, auch beim Einsatz neuer Medikamente: Eine Arznei, die bei Vinzenz gut anschlägt, passt für ein anderes Kind nicht unbedingt“, erklärt Dr. Kiefer.
Zusammenarbeit wirkt!
Überhaupt sieht Dr. Kiefer in der individuellen Behandlung den Schlüssel zum Erfolg und betont: „Wir leben hier das Konzept der fachübergreifenden Zusammenarbeit.“ Das Team des Zentrums besteht aus Ärzten, Pflegefachkräften, Physiotherapeuten, Psychologen sowie Mitarbeitende aus Ernährungsberatung und Sozialdienst. Alle Beteiligten begegnen sich auf Augenhöhe und stimmen sich eng ab. Von diesem Ansatz der kurzen Wege profitiert auch Familie O. Denn die Therapie des kleinen Vinzenz ist vielschichtig: Tägliches mehrfaches Inhalieren und Physiotherapie reduziert die Verschleimung der Atemwege. Die Gabe spezieller Enzyme und Vitamine beugt Mangelerscheinungen vor. „Wie bei einem Zahnradwerk läuft hier in der Klinik alles ineinander. Falls bei einem unserer regelmäßigen Kontrolltermine spontan eine Frage zu einer Lebensmittelverträglichkeit auftaucht, ruft die Ärztin kurzerhand ihre Kollegin aus der Ernährungsberatung an“, weiß die Mutter. „Das spart uns als Familie viel Zeit, Energie und Nerven.“
Alle machen mit!
An der Hedwigsklinik legt man großen Wert darauf, die Behandlung so alltagstauglich wie möglich zu machen. Als Vinzenz in den Kindergarten kommt, werden seine Erzieherinnen zu einer Schulung nach Regensburg eingeladen. „Mit einer so praxisnahen Unterstützung von Seiten der Klinik und Vinzenz‘ Kindergarten hätten wir nicht gerechnet. Das war toll!“, erinnert sich die Mutter. Das Lob gibt Dr. Kiefer zurück: „Daran, wie Vinzenz heute vor uns sitzt, sieht man, dass hier alle mithelfen und an einem Strang ziehen.“ Tatsächlich ist die Familie bei der täglichen Umsetzung der Therapie sehr konsequent: „Das Ganze ist für uns mittlerweile Routine. Manchmal nervt es trotzdem. Aber wir ziehen das durch. Denn wir sehen, dass es wirkt!“
Es läuft!
Gerade diese Disziplin im Alltag zahlt sich für Vinzenz aus. „Unser Ziel ist es, die Kinder möglichst ohne Folgeschäden an die Schwelle zum Erwachsenwerden zu bringen“, so Dr. Kiefer. Auch an diesem Punkt sind die Familien nicht allein. Ein eigenes Transitionskonzept hilft den Übergang von der Kinderklinik zur kooperierenden Lungenfachklinik für Erwachsene in Donaustauf zu meistern. Die Chancen für den kleinen Vinzenz stehen also gut. Melanie O. sieht gelassen in die Zukunft: „So wuchtig die Diagnose am Anfang war: Heute wissen wir, dass da jemand ist, der uns kennt und der uns hilft.“ Das spürt wohl auch Vinzenz: Er kommt gerne mit zum KUNO in die Hedwigsklinik.
Informationen zur Zertifizierung „Muko.zert“
Bundesweit sind nur rund 40 Einrichtungen vom Bundesverband Cystische Fibrose mit dem Qualitätssiegel „Muko.zert“ zertifiziert. Schon für die Basiszertifizierung setzen die Gutachter strenge Kriterien für Diagnosestellung und Therapie an. Um das von der Klinik St. Hedwig erreichte „Plus“-Zertifikat zu erhalten, sind zusätzliche Anforderungen zu erfüllen: So müssen unter anderem alle an der Behandlung beteiligten medizinischen Berufsgruppen im Haus selbst angesiedelt sein. Ferner setzt die „Plus“-Auszeichnung voraus, dass alle notwendigen bildgebenden Verfahren wie eine Computertomographie oder eine Kernspintomographie der Lunge vor Ort durchgeführt werden können.
In puncto Erfahrung übertrifft die KUNO Klinik St. Hedwig diese strengen Anforderungen nochmals: Für die Zertifizierung müssen ärztliche Leitung und Vertretung mehr als 100 Patientenjahre (= Anzahl der Mukoviszidose-Patienten x Berufsjahre des Arztes in der Mukoviszidose Versorgung) aufweisen. Im Team der Hedwigsklinik erfüllt jeder Arzt diese Voraussetzung. Die Ärzte führen Studien durch, verfolgen Entwicklungen und können diese einordnen.
Informationen zum Krankheitsbild Mukoviszidose:
Der Begriff Mukoviszidose setzt sich zusammen aus den lateinischen Wörtern „mucus“ (Schleim) und "viscidus" (zäh). Eine andere Bezeichnung für Mukoviszidose ist Cystische Fibrose. Mukoviszidose ist die häufigste vererbte Stoffwechselerkrankung in Mitteleuropa und Nordamerika. Derzeit leben in Deutschland circa 8.000 Betroffene und jedes Jahr werden circa 200 Kinder mit dieser Erkrankung geboren. Seit September 2016 wird für alle Neugeborenen eine Screeninguntersuchung zur Frühdiagnose der Mukoviszidose angeboten.
Verursacht wird die Erkrankung durch eine Veränderung im CFTR-Gen. Dadurch werden Körpersekrete zähflüssiger. Betroffen sind anfangs vor allem Lunge und Darm, später auch viele andere Organe und Körperfunktionen. Erste Symptome zeigen sich in der Regel bereits in der frühen Kindheit. Über die letzten Jahrzehnte sind neue Behandlungsmöglichkeiten entwickelt worden, wodurch sich die mittlere Lebenserwartung der Patienten mehr als verdoppelt hat. Sie liegt heute bei rund 40 Jahren. Heilbar ist die Erkrankung bisher leider noch nicht.