Psychologische Hilfen in der aktuellen Zeit

Zurzeit bringt die Corona-Pandemie mit ihren Folgen und Begleiterscheinungen viele Menschen in eine psychische und existentielle Ausnahmesituation. Daher bieten wir Ihnen hier Tipps und Impulse im Umgang mit Belastungen bedingt durch die aktuelle Situation.

Informationen im Zusammenhang mit COVID-19 / Corona-Virus

Zum einen wird durch die Pandemie selbst  eine Vielzahl von Ängsten aktiviert, zum Beispiel finanzieller Art, Zukunftssorgen oder Sorgen um die eigene Gesundheit oder die Gesundheit lieber Menschen. Zum anderen birgt auch der Wegfall gewohnter Routinen und Abläufe die Gefahr einer psychischen Destabilisierung und führt damit vielleicht insgesamt zu einer immer stärker werdenden Verunsicherung und dem Gefühl der Hilflosigkeit. 
 

Auch für unser soziales Miteinander, also für Familie und Partnerschaften können diese Ängste, aber auch die veränderte, zum Teil sehr enge und intensive Art des Zusammenlebens Stress und Belastung bedeuten und so auch vermehrt zu Spannungen und Konflikten führen.
Möglicherweise besonders verletzlich (und damit gefährdet) sind in diesen Zeiten Personen, die ohnehin bereits unter Depressionen, Angststörungen, Suchterkrankungen, Traumafolgestörungen und anderen psychischen Erkrankungen leiden. Sie können außerdem die normalerweise bestehenden Hilfsangebote (wie Psychotherapie, Angebote in Beratungsstellen oder tagesklinischen Einrichtungen) nicht wie gewohnt frei und (weitestgehend) unkompliziert in Anspruch nehmen.
Es wird deutlich: Eine psychologische Unterstützung ist in dieser Zeit und angesichts dieser belastenden Faktoren und Situationen sehr wichtig. Den psychosozialen und psychotherapeutischen Fachkräften ist das wohl bewusst, weshalb sie aktuell daran arbeiten, ihr Angebot und ihre Erreichbarkeit an die gegenwärtige Situation anzupassen.  Einschränkungen aufgrund der Pandemie-Vorsorgemaßnahmen sind aber leider auch im Bereich der psychologischen und psychotherapeutischen Versorgung unumgänglich.
Bitte informieren Sie sich daher beim jeweiligen Angebot oder der therapeutischen Praxis über aktuelle Veränderungen.
 

Impulse im Umgang mit Belastungen durch die aktuelle Situation

Akzeptanz, Sinnhaftigkeit und Zuversicht 

Versuchen Sie (so schwer es auch fällt), sich darauf einzustellen, dass diese belastende Situation zwar zeitlich begrenzt ist, die Dauer aber aktuell noch unbestimmt bleiben muss. 
Machen Sie sich bewusst, was der Sinn der umfassenden präventiven Maßnahmen ist. Führen Sie sich vor Augen, dass diese Maßnahmen (wie Ausgangsbeschränkungen, Kontaktverbote etc.) Sie selbst, die Menschen, die ihnen nahestehen, und letztlich uns alle schützen sollen. 
So gelingt es Ihnen hoffentlich besser, die damit verbundenen Einschränkungen zu akzeptieren. Führen Sie sich vor Augen, dass weltweit und in einer großen  gemeinsamen Anstrengung an Behandlungsmöglichkeiten gearbeitet wird - aber das braucht Zeit.

Information und Verstehen

Natürlich sind Informationen zum Thema und zur aktuellen Lage gerade wichtig und dienen dem Verstehen und damit auch der eigenen Stabilisierung.
Entscheidend ist dabei aber oft die Art der Information, sprich, die Sicherheit, dass diese aus verlässlichen Quellen stammt. Beschäftigen Sie sich nicht „rund um die Uhr“ mit dem Thema, sondern legen Sie für sich begrenzte Zeiten der Informationsaufnahme fest.
Überlegen Sie sich dabei, welche Quellen Sie dabei zur Rate ziehen wollen (z. B. Informationen des Robert-Koch-Institutes, Nachrichtensendungen oder Podcasts der öffentlich-rechtlichen Rundfunkstationen, Tageszeitung).

Struktur schaffen

In unsicheren Zeiten erleben wir Struktur und Planbarkeit als hilfreich. Sie gibt uns Sicherheit und lässt uns den Alltag als berechenbar erleben.
Behalten Sie daher, wo es möglich ist, Ihre gewohnte Tagesstruktur und Ihre gewohnten Abläufe bei (z. B. ein kleiner Spaziergang nach dem Essen, Lesen der Tageszeitung mit der ersten Tasse Tee oder Kaffee, das Telefonat mit der entfernt lebenden Freundin einmal in der Woche). 
Hilfreich kann auch ein Einhalten der gewohnten Zeiten sein (Aufsteh- und Bettgehzeiten, zeitlich festgelegte Mahlzeiten). Hier gibt es sicher große individuelle Unterschiede. Probieren Sie aus, was Ihnen gut tut!
Vielleicht ist jetzt auch ein guter Zeitpunkt, Dinge, die liegen geblieben sind oder für die Sie lange keine Zeit hatten, in Angriff zu nehmen (auch hier gilt: weniger ist manchmal mehr, setzen Sie sich nicht selbst mit Pflichtaufgaben unter Druck). Tipp: Erfahren Sie mehr im Interview zum Umgang mit sozialer Isolution und im Artikel zum Umgang mit Ängsten durch Corona.

In Kontakt bleiben

Auch in der aktuellen Situation und ihrer erzwungenen Kontaktreduktion gibt es Möglichkeiten, Kontakt zu lieben Menschen, Freunden und Familie zu halten. Videokontakt per mobilem Telefon oder PC/Tablet, Kontakt über soziale Medien oder Telefonate sind dabei gute Mittel. Verabreden Sie sich mit Familie und Freunden über diese Kanäle. Auch durch das Schreiben von Briefen oder Postkarten können Sie Ihre sozialen Kontakte pflegen. 
Rufen Sie insbesondere ältere Angehörige regelmäßig an, lassen Sie Enkelkinder Bilder malen und versenden oder gründen Sie über mobile Telefone „Familiengruppen“, in denen Sie die verschiedenen Alltagsaktivitäten dokumentieren und so Oma oder Opa quasi am Familienleben teilhaben lassen. 

Selbstwirksamkeit und Einflussnahme

Wichtig und hilfreich ist gerade in dieser Zeit der Unsicherheit  das Gefühl, aktiv etwas tun zu können.
Und da kann zunächst jeder von uns etwas ganz Grundlegendes tun: 
Schützen Sie sich und andere. Folgen Sie den Empfehlungen zur Infektionsvermeidung. Lesen Sie Tipps zur häuslichen Hygiene oder Empfehlungen bei häuslicher Quarantäne.
Darüber hinaus gibt es noch eine Vielzahl anderer Handlungsmöglichkeiten:
Bieten Sie Nachbarn bei Bedarf und unter Einhaltung von Abstand und hygienischen Empfehlungen Hilfe (zum Beispiel bei Einkäufen) an.
Unterstützen Sie (falls Ihnen das gesundheitlich und /oder finanziell möglich ist) Initiativen in ihrer Stadt oder Ihrem Umfeld (z. B. kostenlose Essensausgabe an Bedürftige, Nähen von Mundschutz) durch ehrenamtliche Mitarbeit, Spenden oder Einkäufe (viele kleine Läden bieten jetzt zum Beispiel Lieferdienste an). 
Besinnen Sie sich auf Ihre Stärken. Bleiben Sie aktiv und kreativ.

Selbstfürsorge

In Zeiten von Stress und Belastungen ist es wichtig, gut auf sich selbst zu achten. Tun Sie sich deshalb selbst etwas Gutes: Ernähren Sie sich regelmäßig und gesund.
Bewegen Sie sich und treiben Sie (allein oder in Familie) regelmäßig Sport. Das ist (unter Einhaltung der Abstandsregelungen) auch an der frischen Luft erlaubt!
Vermeiden Sie als Mittel zur Problemlösung  Dinge wie Alkohol, Drogen, unkontrollierte Medikamenteneinnahme ebenso wie unablässiges Spielen oder Medienkonsum. Dies führt nur zu kurzfristiger Entlastung durch Vermeidung. Danach kommt es eher zum Rückfall in problematische Verhaltensmuster, damit dann zu neuen Schwierigkeiten und somit zur psychischen Destabilisierung.Sie selbst wissen oft am besten, was Ihnen gut tut: Nutzen Sie die Ihnen bekannten und vertrauten Methoden zur Spannungs- und Stressreduktion (z. B. Entspannung, Yoga, ein warmes Bad, Tanzen zu Ihrer Lieblingsmusik).

„Fremdfürsorge“

Wie schon gesagt, kann nicht nur das Achten auf sich selbst sondern auch die Fürsorge für die Menschen in Ihrem Umfeld ein gutes Gefühl des Aktivseins und der Einflussnahme vermitteln. Seien Sie nachsichtig und gütig zu sich wie zu anderen und üben Sie sich darin, Verständnis und eine liebevolle Haltung dem anderen gegenüber zu zeigen.
Nehmen Sie Rücksicht auf Andere, indem Sie zum Beispiel beim Einkauf Abstände und Hygiene -Empfehlungen einhalten oder Hamsterkäufe vermeiden.
Versuchen Sie, geduldig und mit Nachsicht auf unbeholfenes, störendes oder „nervendes“ Verhalten ihrer Nächsten zu reagieren. Für alle von uns ist diese Situation neu und der ein oder andere fühlt sich vielleicht schlicht von ihr überfordert. Lächeln Sie ab und zu jemandem zu oder grüßen Sie freundlich, das tut Ihnen und Anderen gut – und ist nicht ansteckend!
Bedingt durch die Kontakteinschränkungen verbringen wir gerade mit unseren nächsten Angehörigen viel Zeit auf zum Teil engem Raum. Versuchen Sie, auch in der Familie Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen und vermeiden Sie Zuspitzungen und Krisengespräche. Wenn Sie etwas ärgert, sprechen Sie es zeitnah an, um so eine Eskalation zu vermeiden.

Sich Hilfe holen

Auch in Zeiten der gefühlten Isolation müssen Sie mit Belastungen und Krisen nicht alleine fertig werden. Nutzen Sie bei Bedarf die unten aufgelisteten telefonische Beratungsangebote und Notfallnummern. 
Wenn Sie sich bereits in psychotherapeutischer Behandlung befinden, nehmen Sie Kontakt zu Ihrer Psychotherapeutin oder Ihrem Psychotherapeuten auf und besprechen Sie mit ihr / ihm das weitere Vorgehen.

Auch mit Abstand zueinander können wir gemeinsam etwas für uns alle schaffen!
Wir bemühen uns, Sie auf dem Laufenden zu halten und zu unterstützen, so gut es uns in der aktuellen Situation möglich ist. Sie sind nicht allein!

Ihre Mitarbeiter des Psychologischen Dienstes am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Regensburg