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Ausländische Pflegekräfte gewonnen

(06.07.2015)

Mit Hilfe des Projektes "Triple Win" der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit und der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit gelang es der Kinder- und Frauenklinik St. Hedwig, acht Kinderkrankenpfleger aus Serbien und Bosnien-Herzegowina auf einem ganz besonderen Weg nach Regensburg zu holen. Die Regierung der Oberpfalz und die Integrationsstelle der Stadt Regensburg unterstützten das Projekt von Anfang an.

2.000 bis 10.000 Euro Bestechungsgeld für eine qualifizierte Arbeitsstelle in Serbien sind keine Seltenheit. Wer so viel Geld nicht aufbringen kann, braucht Beziehungen. Hat man auch die nicht, bleibt man arbeitslos. Rund 20 Prozent der Serben im erwerbsfähigen Alter haben keinen Arbeitsplatz. In Bosnien-Herzegowina beträgt die Erwerbslosigkeit sogar fast 30 Prozent. Anders als in Deutschland finden Krankenpflegekräfte trotz bester Qualifizierung und hoher Motivation auf Grund der wirtschaftlichen Lage und Struktur des Gesundheitssystems oftmals  keine Anstellung in ihrem Beruf. Sie gehen daher fachfremden Tätigkeiten nach. Ohne richtige Lebensperspektive leben viele Anfang dreißig immer noch bei den Eltern und Großeltern.

Die Klinik St. Hedwig baut ihre medizinischen Leistungen und Angebote kontinuierlich aus. Im Zuge dieser Entwicklung besteht selbstverständlich auch ein nachhaltiger Bedarf an qualifizierten Pflegekräften, der nur zum Teil durch Nachwuchs aus der eigenen Berufsfachschule für Kinderkrankenpflege gedeckt werden kann. Deshalb ist man nun einen besonderen Weg gegangen, um auch Fachkräfte aus dem Ausland für sich zu gewinnen.

„Triple Win" heißt das Projekt, mit welchem die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit sowie die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) auf den hohen Bedarf an Pflegekräften reagiert. „Triple Win" bedeutet auf Deutsch „Dreifacher Gewinn". Und gewinnen sollen alle drei beteiligten Seiten: die vermittelten Pflegekräfte, die deutschen Krankenhäuser und die Herkunftsländer. Im Projekt werden die Interessen der Herkunftsländer gewahrt. Daher hat die Bundesagentur für Arbeit nur mit denjenigen Ländern entsprechende Vereinbarungen getroffen, die keinen Mangel an Pflegekräften besitzen. Zudem wurde sichergestellt, dass die Ausbildung in den Partnerländern qualitativ hoch und mit der deutschen Ausbildung vergleichbar ist. Serbien und Bosnien-Herzegowina erfüllen diese Voraussetzungen.

„Triple Win ermöglichte uns, innerhalb weniger Monate sieben Kinderkrankenschwestern und einen Kinderkrankenpfleger aus Serbien und Bosnien an unser Haus zu holen. Seit April arbeiten sie erfolgreich in unserer Klinik und haben sich erfreulicherweise schon prima eingelebt", erklärte Krankenhaus-Geschäftsführerin Sabine Beiser auf einer Pressekonferenz. Auch Oberbürgermeister Joachim Wolbergs heißt die süd-osteuropäischen Pflegemitarbeiter in Regensburg herzlich willkommen. „Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, mit den serbischen und bosnischen Pflegekräften einen Beitrag zur Entlastung der auch in Regensburg angespannten Pflegesituation zu leisten", sagte der Oberbürgermeister. „Die Weltoffenheit der Stadt findet sich auch in der Kultur ihrer Unternehmen und Institutionen wieder – ich begrüße das sehr!"

Sladjana ist eine der acht neuen Pflegekräfte. In Serbien konnte die 30-Jährige trotz ihrer abgeschlossenen Ausbildung und ihrer guten Qualifikationen nicht in der Kinderkrankenpflege arbeiten. Wenigstens hatte sie Arbeit, denn ihre anderen serbischen und bosnischen Kollegen waren meist arbeitslos. In Deutschland erhofft sie sich ein besseres Leben. Sie möchte sich beruflich weiterentwickeln und Arbeitserfahrung sammeln.

Die Kandidaten absolvierten ein aufwändiges Auswahlverfahren in Belgrad, an dem auch der Pflegedirektor der Klinik St. Hedwig sowie die zuständige Personalreferentin teilnahmen. Sabine Beiser zeigte sich beeindruckt von der Professionalität der Abläufe. „Alles wurde von Triple Win top vorbereitet und organisiert. Die Bewerber hatten bereits Deutschkurse besucht, so dass sie sich beim Vorstellungsgespräch selbstständig auf Deutsch präsentieren konnten. Durch ihre Kandidatenauswahl stellte die ZAV außerdem sicher, dass die fachlichen Qualifikationen unseren Vorstellungen entsprachen. Acht von zehn Bewerber konnten wir daher nach Regensburg einladen", so die Krankenhaus-Geschäftsführerin.

Da Triple Win erstmals Kinderkrankenpfleger aus Serbien und Bosnien Herzegowina nach Bayern vermittelte, prüfte die Regierung der Oberpfalz sehr genau, ob der Ausbildungsstand mit dem in Deutschland üblichen vergleichbar ist. Im Ergebnis überstieg der theoretische Anteil den praktischen doch insofern, dass die acht serbischen und bosnischen Pflegekräfte in der Klinik St. Hedwig zunächst einmal als Pflegehelfer auf den Stationen starten müssen. Nach einem individuellen Anerkennungspraktikum, welches entsprechend der bereits vorhandenen Arbeitserfahrung zwischen fünf und zehn Monaten dauert, dürfen sie sich zum praktischen Examen melden.

Bestehen sie dieses zusammen mit einer geforderten Sprachprüfung des Niveaus „B2", können sie im Krankenhaus als qualifizierte Fachpflegekraft voll verantwortlich eingesetzt werden. Im September werden die ersten voraussichtlich soweit sein. „Um ihnen den Weg bis zum praktischen Examen zu ebnen, garantieren wir eine 1:1-Betreuung mit einem persönlichen Mentor. Zusätzlich zahlen wir den Kandidaten einen Intensiv-Sprachkurs, damit sie die Sprachprüfung erfolgreich absolvieren können", unterstrich Sabine Beiser das Engagement der Klinik St. Hedwig und ergänzte: „Durch die Begleitung der GIZ konnten wir auch die bürokratischen Anforderungen vom Visum bis zu den vorgeschriebenen Anträgen für das Ausländeramt gut bewältigen. Zusätzlich durchliefen die Bewerber im Heimatland einen fünftägigen Integrationsworkshop, der sie auf den sozialen und beruflichen Alltag in Deutschland vorbereitete." Da die Hedwigsklinik möchte, dass die neuen Pflegekräfte dauerhaft in Regensburg bleiben, steht vor allem auch eine funktionierende Eingliederung in die Gesellschaft im Vordergrund. Hier unterstützt in erster Linie die Integrationsstelle der Stadt Regensburg: Sie vermittelt Kontakte zu anderen Zuwanderern und berät Arbeitgeber wie auch die Pflegekräfte.

„Einige unserer serbischen und bosnischen Pflegekräfte mussten ihre Familien und Kinder in ihren Heimatländern zurücklassen. Doch wir möchten, dass die familiäre Trennung so kurz wie möglich ist", betonte Sabine Beiser. Man bemühe sich deshalb zusammen mit der GIZ um einen erfolgreichen Familiennachzug. Auch hier wird die Integrationsstelle tätig und unterstützt bei der Suche nach dem passenden Kindergarten oder der richtigen Schule. Einzig und allein die Wohnungsnot in Regensburg bereitet noch Schwierigkeiten. Sabine Beiser: „Händeringend suchen wir nach Apartments oder WG-geeigneten Wohnungen für unsere neuen Pflegekräfte. Für jeden Hinweis sind wir dankbar und hoffen auch ein wenig auf die Unterstützung der Regensburger."

Sladjana hatte Glück. Sie hat nicht nur bereits eine passende Wohnung gefunden. Ebenfalls über das Projekt Triple Win wird sie wohl schon bald ihren Freund nach Regensburg holen können. Der gelernte Krankenpfleger besitzt nämlich eine Zusatzausbildung zum Medizinisch-technischen Röntgenassistenten und auch für dieses Berufsbild herrscht in Deutschland großer Bedarf. Sobald der Serbe die Sprachvoraussetzungen erfüllt, kann seine Ausbildung direkt anerkannt werden. Seine private und berufliche Perspektive am Krankenhaus Barmherzige Brüder wird dann eine ganz neue sein.

Hintergrundinformationen

Über das Projekt „Triple Win"

Um mit dem Projekt Triple Win einen nachhaltigen Integrationsprozess gewährleisten zu können, arbeiten die Bundesagentur für Arbeit (BA) mit ihrer Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) und die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung zusammen. Triple Win berücksichtigt die Interessen der Arbeitgeber, Arbeitnehmer und der Herkunftsländer. In Kooperation mit den nationalen Partnerbehörden werden geeignete Bewerber in Serbien, Bosnien und Herzegowina und Philippinen identifiziert. Die ausgewählten Pflegekräfte werden bedarfsorientiert durch vorbereitende Sprach- und Fachkurse qualifiziert. Triple Win berät teilnehmende Arbeitgeber intensiv zur Integration der neuen Mitarbeiter und bei der Anerkennung der ausländischen Abschlüsse. Visum, Arbeitsmarktzulassung, Aufenthaltstitel und Antrag auf Anerkennung werden durch das Projekt koordiniert und somit ein optimaler zeitlicher Ablauf garantiert. Bereits knapp 500 Fachkräfte wurden an über hundert Arbeitgeber in der Kranken- und Altenpflege vermittelt. Die umfassende Vorbereitung sowie die Begleitung vor und nach Ausreise nach Deutschland haben sich für die nachhaltige Fachkräftegewinnung als entscheidend erwiesen. Das Projekt bietet einen innovativen Ansatz für eine nachhaltige und faire Fachkräftegewinnung gegen den Fachkräftemängel im Pflegebereich in Deutschland.

 

Über die Zusammenarbeit mit der Stadt Regensburg

Regensburg in seiner langen Geschichte immer dann am besten gegangen ist, wenn die Stadt offen für Neues war. Das gilt nach Einschätzung des OB Joachim Wolbergs heute mehr denn je. Viele Regensburger Unternehmen, von denen ein erheblicher Anteil vom Export lebt, schätzen es, wenn ihre Belegschaften international zusammengesetzt sind. Im Jahr 2011 begann im Amt für Wirtschaftsförderung der Stadt Regensburg die Aktion „Welcome to Regensburg", deren Ziel es ist, zur Eindämmung des inländischen Fachkräftemangels Arbeitskräfte aus dem Ausland nach Regensburg zu holen. So kamen bislang Angehörige von Ingenieurberufen aus Spanien sowie junge Spanierinnen und Spanier nach Regensburg, die eine Lehre in Hotellerie oder Gastronomie absolvieren. Bei der nun geglückten Anwerbung von serbischen und bosnischen Pflegekräften waren auf Seiten der Stadt das Amt für Wirtschaftsförderung sowie die Integrationsstelle eingebunden, die den Pflegekräften unter anderem beim Kontakt mit Behörden behilflich ist und ihnen für ein leichteres Einleben eine Serbisch sprechende Ehrenamtliche zur Seite stellt.