Universitäres Perinatalzentrum Level 1
Hanna - Geschichte eines Frühchens
26 Wochen – 955 Gramm – 34 Zentimeter: Diese drei Zahlen umreißen das winzig kleine Leben von Hanna. Eigentlich hätte sie erst Weihnachten auf die Welt kommen sollen. Doch stattdessen kam sie schon Ende September nach 26 Schwangerschaftswochen – knapp 14 Wochen zu früh. Während regulär geborene Mädchen durchschnittlich 3,2 Kilogramm wiegen, bringt sie gerade mal 955 Gramm auf die Waage. Weniger als ein Päckchen Zucker. Mit einer Körperlänge von 34 cm ist sie nur in etwa so groß wie ihr Kuschelbär, der bei ihr im Brutkasten liegt.
Hanna liegt auf der Neugeborenen- Intensivstation der Klinik St. Hedwig des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder Regensburg. Die Welt außerhalb ihres durchsichtigen Inkubators mutet sehr technisch an. Um sie herum stehen High-Tech-Geräte, die ihren Herzschlag, ihre Atmung, die Sauerstoffsättigung, die Blutgase und ihre Körpertemperatur rund um die Uhr kontrollieren. Hannas Beatmungsschläuche und ihre Schläuche für Flüssigkeit und Ernährung wirken an ihrem kleinen Körper überdimensioniert. Sie sind jedoch überlebensnotwendig. Denn Hannas Lunge ist noch nicht ausgereift und sie kann noch nicht selbstständig atmen.
Mit Hilfe von Spezialisten gut ins Leben starten
„Nach 23 Schwangerschaftswochen geht man generell davon aus, dass ein Frühgeborenes Überlebenschancen hat,“ erklärt Chefarzt Professor Dr. Hugo Segerer, ein ausgewiesener Experte für Neugeborenen-Medizin im Perinatalzentrum der Klinik St. Hedwig. Dieses Spezialzentrum für Risiko- und Frühgeburten ist eines der größten seiner Art in Bayern und bietet die höchste Versorgungsstufe (Level 1). Der Neonatologe betont: „Um den Frühgeborenen einen guten Start ins Leben zu ermöglichen und um Erkrankungen sowie dauerhafte Behinderungen dieser Kinder zu vermeiden, braucht das neonatologische Team viel Wissen, Erfahrung und gegenseitige Ergänzung. Unsere Bemühungen sind nur erfolgreich, wenn wir Spezialisten des Perinatalzentrums alle Hand in Hand arbeiten.“ Diese Spezialisten sind neben den Neugeborenen-Medizinern die Kinder- Kardiologen, Kinder-Neurologen, Kinder-Chirurgen und vor allem die Perinatalmediziner, spezialisierte Gynäkologen der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe unter der Leitung von Professor Dr. Birgit Seelbach-Göbel.
Alle sind rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, verfügbar. Und natürlich die Kinderkrankenschwestern, welche über eine zusätzliche Ausbildung in Intensivmedizin verfügen und seit vielen Jahren mit Neu- und Frühgeborenen arbeiten. Mit solch einem Team entstehen Behandlungsergebnisse, die sich sehen lassen können.
Perinatalzentrum der Klinik St. Hedwig Regensburg: Gute Chancen für Frühchen
Die gute Arbeit des Regensburger Perinatalzentrums wird auch von offizieller Seite bestätigt: Die staatlich vorgeschriebene Neonatalerhebung der Bayerischen Arbeitsgemeinschaft für Qualitätssicherung in der stationären Versorgung (BAQ), welche sich aus Vertretern der Krankenkassen, der Bayerischen Krankenhausgesellschaft und der Bayerischen Landesärztekammer zusammensetzt, bescheinigt dem Perinatalzentrum der Klinik St. Hedwig im bayernweiten Vergleich aller Level 1-Perinatalzentren beste Qualitätszahlen in der Versorgung von Frühgeborenen. Die Einzeldarstellung der Qualitätsergebnisse beeindruckt: Sie zeigt meist bessere Ergebnisse als der bayerische Durchschnitt: sehr niedrige Sterblichkeit der besonders kleinen Frühgeborenen unter 1500 Gramm Geburtsgewicht, selten Hirnblutungen, kaum chronische Lungenerkrankungen oder Lungeneinrisse durch die künstliche Beatmung, und fast keine Infektionen durch im Krankenhaus erworbene Keime, da die Klinik St. Hedwig sehr gute Hygienestandards pflegt.
Intensiver Kontakt mit Mama und Papa ist wichtig
Hanna bekommt Besuch. Ihre Mutter beugt sich über ihr Inkubator-Bettchen und begrüßt ihre Kleine zärtlich. Dann darf Hanna ihre gläserne Welt für kurze Zeit verlassen und – voll verkabelt – auf der warmen Brust ihrer Mutter liegen. „Der tägliche Hautkontakt mit den Eltern ist für die Kleinen enorm wichtig“, so Professor Segerer. „Er fördert die Entwicklung positiv. Studien belegen, dass die Kleinen dann weniger Atemaussetzer haben und ihre Körpertemperatur besser halten können. Außerdem stärkt er die Bindung zwischen Eltern und Kind. Wir leiten daher auch die Eltern sehr früh an, die Körperpflege bei ihrem Kind selbst durchzuführen.“ Nach 45 Minuten muss Hanna wieder zurück in ihren Inkubator. Er stabilisiert ihre Körpertemperatur und sorgt dafür, dass Hanna trotz ihrer noch sehr dünnen Haut nicht zu viel Wärme und Feuchtigkeit verliert.
Hannas Mutter erzählt, dass sie frühzeitige Wehen hatte und per Notarzt ins Perinatalzentrum der Klinik St. Hedwig eingeliefert wurde. Eine schleichende Infektion hatte die Wehen ausgelöst. Da sie sich aber erst in der 23. Schwangerschaftswoche befand, haben die Ärzte der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe alles daran gesetzt, die Geburt von Hanna möglichst lange hinauszuzögern. „Hier besteht die große Leistung des Geburtshilfe- Teams bei der Versorgung unserer Risiko- und Frühgeburten“, betont Professor Segerer. „Die Perinatalmediziner müssen abwägen, wie lange ein Baby trotz Frühgeburtsbestrebungen noch im Bauch der Mutter bleiben kann, ohne dass es zur Infektion des Kindes kommt. Denn für die Reifung der Lunge ist es sehr wichtig, dass das ungeborene Kind möglichst lange mit dem Fruchtwasser in Kontakt bleibt.“
So natürlich wie möglich, so sicher wie nötig!
Muss die Geburt dann eingeleitet werden, so läuft sie so sanft und atraumatisch wie möglich unter meist normalen Bedingungen ab. Jedoch begleitet ein großes Spezialisten-Team des Perinatalzentrums die Geburt: Ein geburtshilflicher Oberarzt mit Assistenzarzt und Hebamme, ein neonatologischer Oberarzt mit Assistenzarzt, eine spezialisierte Kinderkrankenschwester sowie ein Kinder-Anästhesist mit einer Anästhesie-Schwester sorgen für die optimale Betreuung von Mutter und Kind während und nach der Geburt.
Da Hanna noch nicht alleine atmen konnte, mussten die Ärzte ihr zuerst einen Beatmungsschlauch durch die Nase in die Luftröhre schieben, um sie künstlich beatmen zu können. Fruchtwasser musste aus Nase und Mund abgesaugt werden. Dann bekam Hanna eine Magensonde gelegt, über die sie künstlich ernährt wird. Schließlich gaben ihr die Ärzte über eine Sonde eine oberflächenaktive Substanz direkt in die Lunge, welche den frühgeborenen Kindern noch fehlt. Sie verbessert entscheidend die Überlebenschancen, da sie gegen das gefährliche Atemnotsyndrom wirksam ist und den Frühchen ermöglicht, trotz ihrer unreifen Lunge leicht Sauerstoff aufzunehmen.
„Sind alle Erstmaßnahmen abgeschlossen und ist das Baby stabilisiert, dann kommt es im Transport-Inkubator direkt auf unsere Intensivstation“, erklärt Professor Segerer. Wenn alles normal läuft, dann kann Hanna in circa acht Wochen vom Inkubator ins Wärmebettchen umziehen und kurz darauf sogar von der Intensivstation auf die Station K1. „Um den errechneten Geburtstermin herum werden die Kleinen normalerweise aus dem Krankenhaus entlassen und dürfen nach Hause“, so Professor Segerer. Bis dahin bekommen Hanna und ihre Eltern etliche Unterstützungs-Angebote: Nicht nur für die medizinische Betreuung ist gesorgt, Psychologinnen helfen den Eltern mit Gesprächen durch diese schwierige, angstbehaftete Zeit. „Und nach dem Krankenhaus-Aufenthalt lassen wir die Eltern auch nicht alleine. Das Harl.e.kin-Nachsorgeteam der Katholischen Jugendfürsorge, bestehend aus Kinderkrankenschwestern der Klinik St. Hedwig und Mitarbeiterinnen des Mobilen Dienstes der Frühförderstelle, sorgen für eine fachkompetente Begleitung zu Hause.“
Gute Aussichten für Hanna
Bis jetzt läuft bei Hanna alles problemlos, was sicherlich auch an der guten personellen und medizin-technischen Ausstattung des Perinatalzentrums und dem kompetent-liebevollen Umgang durch das Team liegt. Hannas Mutter kommt es fast wie ein Wunder vor, dass ihre Hanna sich so gut macht. Professor Segerer: „Die Prognose ist gut. Hanna hat die besten Chancen, sich wie andere, reifgeborene Kinder zu entwickeln.“