Brustzentrum

Faktencheck: Endometriose und Kinderwunsch

(27.03.2021)

Bleibt der Wunsch nach Kindern aus, könnte eine häufige gynäkologische Erkrankung dahinter stecken: Endometriose, das Vorkommen von Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter. Man geht davon aus, dass bei Patientinnen mit unerfülltem Kinderwunsch bei mehr als der Hälfte die Endometrioseder Grund ist. Doch es ranken sich viele Mythen um den Zusammenhang von Endometriose und Kinderwunsch. Daher klären uns zwei Experten zu diesem Thema auf.

Im Interview sprechen PD Dr. Sebastian Häusler, Leiter der Endometriosesprechstunde in der Klinik St. Hedwig und PD Dr. Andreas Schüring, ärztlicher Leiter des Kinderwunschzentrums KITZ in Regensburg, über den Zusammenhang von Endometriose und Kinderwunsch. 

Die wichtigste Frage zuerst: Bedeutet Endometriose gleich Unfruchtbarkeit?

PD Dr. Häusler: Nein, die Aussage, Endometriose würde automatisch unfruchtbar machen, darf man definitiv nicht stehen lassen. Es ist nur so, dass bei Patientinnen mit unerfülltem Kinderwunsch häufig auch Endometriose gefunden werden kann. Wahrscheinlich ist die Aussage eher so zu treffen, dass Endometriose tatsächlich mit Kinderwunschproblemen vergesellschaftet ist, aber nicht zwingend Unfruchtbarkeit bedeutet. Je nach Ausmaß und Lokalisation der Endometriose kann aber eine Behandlung sinnvoll sein, um den Eintritt und das Aufrechterhalten einer Schwangerschaft zu erleichtern.

PD Dr. Schüring: Vielleicht kann man es so ausdrücken: „Ohne Endometriose wird man leichter schwanger“. Bei Kinderwunsch wird deshalb grundsätzlich empfohlen, Endometriose zu entfernen, auch wenn die Herde klein sind und eher zufällig gefunden werden. Andererseits wird man nicht immer so umfassend operieren wie bei einer Schmerzpatientin. So wird vor allem im Bereich der Eierstöcke eher zurückhaltend vorgegangen, da die Fruchtbarkeit sonst Schaden nehmen kann.

Wie beeinflusst Endometriose die Fruchtbarkeit?

PD Dr. Häusler: Letztendlich sind die exakten Mechanismen nicht definitiv geklärt. Wahrscheinlich ist jedoch, dass die Fruchtbarkeit gleich auf mehrere Wege beeinflusst wird. So sind zum Beispiel die durch die Endometriose potentiell hervorgerufenen Verwachsungen zu nennen, die zu Beweglichkeitsstörungen der Eileiter oder sogar zu deren komplettem Verschluss führen können. Es wird aber auch diskutiert, dass die durch Endometriose hervorgerufene Entzündung über verschiedene Wege die Eizellreifung und die frühe Embryonalentwicklung negativ beeinflusst.

PD Dr. Schüring: Auch für Experten sind die vielen Mechanismen bei Kinderwunsch und Endometriose häufig verwirrend. Sie sprechen aber letztlich dafür, dass Endometriose und Schwangerschaft nicht gut zusammenpassen. Gleichzeitig sollte immer der individuelle Fall beurteilt werden, auch um nicht überzubehandeln.

Wie sieht die Behandlung von Endometriose bei Kinderwunsch aus?

PD Dr. Häusler: Das hängt ein wenig mit den restlichen Befunden des Kinderwunschpaares zusammen. Was sich aber zunehmend herauskristallisiert, ist, dass sich gerade bei Kinderwunschpatientinnen durch eine operative Entfernung der Endometriose die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit deutlich steigern und das Fehlgeburtsrisiko senken lässt. Natürlich sind je nach Begleitbefunden meist auch weitere Unterstützungsmaßen sinnvoll und können von reiner Beobachtung des Zyklus bis hin zu Techniken der künstlichen Befruchtung gehen.

PD Dr. Schüring: Da nach der Operation bessere Erfolgschancen bestehen, sollte die Erfüllung des Kinderwunsches nun konkret verfolgt werden. Wichtig ist, dass auch mögliche Beeinträchtigungen an den Eileitern oder auf Seiten des Mannes erkannt und berücksichtigt werden. Dazu kann eine Vorstellung in einem Kinderwunschzentrum ein wichtiger Schritt sein. Bestehen neben der Endometriose weitere Gründe für den unerfüllten Kinderwunsch, bietet die heutige Reproduktionsmedizin gerade nach einer Operation sehr gute Erfolgschancen. Insgesamt wird man bei einer Endometriosepatientin etwas aktiver vorgehen: Die Patientinnen befinden sich in einer Lebensphase mit guten Chancen, auch will man einem möglichen Wiederauftreten der Endometriose zuvorkommen.

Ist eine Behandlung von Endometriose und eine Behandlung bei Kinderwunsch gleichzeitig möglich?

PD Dr. Häusler: Tatsächlich greift beides ineinander über: Die operative Behandlung von Endometriose bereitet sozusagen die Kinderwunschtherapie bzw. –betreuung vor. Insofern ist es tatsächlich gerade bei Kinderwunschpaaren wichtig, dass beide Fachbereiche, nämlich die operative oder medikamentöse Endometriosetherapie und die Reproduktionsmedizin, eng mit einander verknüpft sind, sodass ein möglichst reibungsloser Ablauf der Therapie sichergestellt ist.

PD Dr. Schüring: Ein wirklich wichtiger Punkt! Patientinnen mit Endometriose und Kinderwunsch sollten von Experten auf dem jeweiligen Gebiet in einer Art Feinabstimmung betreut werden.

Kommen die Patientinnen schon mit dem Wissen über Endometriose zu Ihnen oder weisen Sie die Patientinnen auf diese Vermutung hin?

PD Dr. Häusler: Glücklicherweise haben wir uns mit unserer Endometrioseeinheit in der Klinik St. Hedwig einen gewissen Ruf erarbeiten können, so dass tatsächlich viele Patientinnen selbstständig sich mit der Vermutung einer zugrunde liegenden Endometriose vorstellen. Aber auch durch niedergelassene Kollegen und Kolleginnen werden Patientinnen mit dem Verdacht auf Endometriose eingewiesen. Es gibt aber trotzdem immer wieder Patientinnen, die sich mit lange bestehenden Unterbauchschmerzen in unserer gynäkologischen Ambulanz vorstellen und bei denen wir den schon meist aufgrund der Beschwerdebeschreibung recht naheliegenden Verdacht auf eine Endometrioseerkrankung stellen.

PD Dr. Schüring: Im KITZ sehen wir eher Patientinnen ohne ausgeprägte Schmerzsymptome. Der Verdacht auf Endometriose entsteht dann aufgrund eines Ultraschallbefundes oder bei langjährigem Kinderwunsch ohne erkennbare Ursache. Nicht selten wird die Endometriose während einer Eileiterabklärung als Zufallsbefund entdeckt. Hier ist es natürlich besonders vorteilhaft, wenn der Operateur die Entfernung der Herde dann im gleichen Eingriff vornehmen kann - soweit dies technisch möglich und sinnvoll ist. 

Wie sieht die Zusammenarbeit der Hedwigsklinik mit KITZ aus?

PD Dr. Häusler: Aufgrund der beschriebenen, notwendigen engen Zusammenarbeit bei Endometriose-Patientinnen mit Kinderwunsch haben wir die Abläufe explizit durchstrukturiert, die einzelnen Schritte detailliert ausformuliert und befinden uns fortwährend in einem intensiven Austausch. Das gewährleistet, dass der Austausch der notwendigen Informationen sichergestellt ist, klare Ansprechpartner für die Patientinnen benannt sind und auch eine möglichst zeitnahe Therapie in beiden Einrichtungen koordiniert werden kann.
Wir bieten in der Hedwigsklinik insbesondere eine hohe operative Expertise mit erfahrenen und sehr routinierten Endometrioseoperateuren auf universitärem Niveau. Darüber hinaus besteht eine enge Vernetzung mit den notwendigen Kooperationspartnern aus sämtlichen operativen und konservativen Fachdisziplinen mit kontinuierlichem, fachlichem Austausch, so dass nicht nur die operative Therapie, sondern auch medikamentös-endokrine und supportive Ansätze mit Erfolg verfolgt werden können. Zudem ist auch unsere apparative Ausstattung - sei es Equipment für minimalinvasive Bauchspiegelungen oder auch Techniken zu bildgebenden Beurteilung - auf aktuellstem und modernstem Stand.

PD Dr. Schüring: Das KITZ steuert in unserer Kooperation die reproduktionsmedizinische Expertise bei. Das Zentrum gehört zu den profilierten Einrichtungen in der Region mit einer hohen Erfolgsrate, apparative Ausstattung und Laborverfahren werden stets auf dem neuesten Stand gehalten. Angesichts der sensiblen Thematik ist uns gleichzeitig die individuelle und zugewandte Betreuung des Paares ein ganz wichtiges Anliegen.

 

Zu PD Dr. Sebastian Häusler:
PD Dr. Sebastian Häusler ist Leiter der Endometriosesprechstunde an der Klinik St. Hedwig in Regensburg. Häusler verfügt neben dem nachgewiesenen Expertenniveau im Bereich der minimalinvasiven Chirurgie auch über die Schwerpunktbezeichnung für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin und kann damit mit nachgewiesen hoher fachlicher Qualität beide Bereiche der Endometriosetherapie vereinen.

Zu PD Dr. Andreas Schüring
PD Dr. Andreas Schüring ist ärztlicher Leiter des Kinderwunschzentrums KITZ Regensburg. Während seiner langjährigen reproduktionsmedizinischen Tätigkeit am Universitätsklinikum Münster hat er die Zusammenarbeit mit operativen Gynäkologen sehr geschätzt und an der Zertifizierung des dortigen Endometriosezentrums mitgewirkt.

 

 

 

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