Medien
Neue Studie: Neuro-axonale Schäden durch COVID-19
Viele Corona-Infizierte berichten von neurologischen Beeinträchtigungen wie Kopfschmerzen oder Verlust des Geruchssinns. Bei leichten bis mittelschweren Krankheitsverläufen konnte jedoch bisher kein direkter Zusammenhang zu COVID-19 nachgewiesen werden. Die Ergebnisse der Regensburger Studie an der KUNO Klinik St. Hedwig liefern nun zum ersten Mal Hinweise, die eine direkte Beeinträchtigung des zentralen Nervensystems bestätigen.
Insgesamt 100 Studienteilnehmer, 84 Frauen und 16 Männer, wurden entsprechend ihres SARS-CoV-2-Infektionsstatus in zwei Gruppen gegliedert: 28 waren positiv getestet worden, 72 negativ. Alle positiv getesteten Patienten wiesen leichte bis mittelschwere Symptome auf und erholten sich innerhalb von einer bis drei Wochen wieder. Sie klagten über keine oder nur geringe neurologische Beeinträchtigungen. „Um neurologische Schäden durch COVID-19 nachzuweisen, ist ein biologischer Marker hilfreich“, erklärt Prof. Dr. Sven Wellmann, Chefarzt für Neonatologie an der KUNO Klinik St. Hedwig und Professor am Lehrstuhl für Kinder- und Jugendmedizin der Universität Regensburg. „Der Blutspiegel von Neurofilament, ein Stützprotein der Nervenzellen, wird seit Kurzem unter anderem bei diversen neurodegenerativen Erkrankungen in der Diagnostik und Therapiesteuerung eingesetzt. Deshalb haben wir uns dafür entschieden, auch in diesem Fall die Neurofilament-Konzentration zu messen.“ Gemessen wurde die leichte Kette von Neurofilament (NfL) im Serum mithilfe eines digitalen Immunoassays (Single Molecule Array NF-light®). Die erste Messung erfolgte im Mittel 23 Tage und die zweite 58 Tage nach Krankheitsbeginn.
Die Ergebnisse der Untersuchung mit dem Titel „Association of neuronal injury blood marker neurofilament light chain with mild-to-moderate COVID-19” wurden am 9. Juli 2020 im Fachmagazin Journal of Neurology veröffentlicht. Sie zeigen, dass die NfL-Konzentration unter Berücksichtigung des Alters und des Geschlechts bei COVID-19-Patienten signifikant höher ist als bei der Kontrollgruppe. Das bedeutet, dass SARS-CoV-2 höchstwahrscheinlich nicht nur das respiratorische System angreift, sondern auch neuro-axonale Schäden verursacht. „Deshalb ist es so wichtig, genau zu beobachten, welche neurologischen Langzeitfolgen nach einer COVID-19-Infektion bestehen bleiben können. Und es zeigt sich immer mehr, dass wir im Umgang mit der Corona-Pandemie nicht nachlässig werden dürfen“, lautet das Fazit von Prof. Dr. Sven Wellmann zu dem Ergebnis der Studie. Praktisch zeitgleich wurden die Ergebnisse dieser Studie durch eine unabhängige Studie aus den USA und Schweden bestätigt.