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Engagement, Demut und Visionen
Er hat zwei Weltkriege erlebt, seine eigene Lebensplanung in jungen Jahren komplett über den Haufen geworfen und sich lebenslang mit einer körperlichen Beeinträchtigung arrangieren müssen. Er galt als bescheiden und demütig – und besaß gleichzeitig die Stärke, in Krisenzeiten mit dem Krankenhaus der Barmherzigen Brüder ein gigantisches Bauprojekt zu realisieren. Keine Frage: Eustachius Kugler war ein ganz besonderer Mensch. „Immer, wenn ich mit meiner Mutter in den Luftschutzkeller kam, war Frater Eustachius Kugler schon da“, erinnert sich Zeitzeugin Frieda Schachinger heute noch gerne an ihn. „Er hat auf uns gewartet und mich gefragt: Hast Du Hunger? Magst Du ein Butterbrot?“ Wie viele andere Menschen, die Kugler persönlich kannten, ist auch sie fasziniert von der Persönlichkeit des Mannes, der nicht umsonst am 4. Oktober 2009 im Regensburger Dom seliggesprochen wurde.
Als Eustachius Kugler 1867 in Neuhaus bei Nittenau geboren wurde, konnte allerdings niemand ahnen, wie wichtig er einmal für die gesamte Region werden würde. Nach einem Unfall während seiner Lehrzeit als Bauschlosser kam der seither hinkende junge Mann erstmals in Kontakt mit dem Orden der Barmherzigen Brüder und legte 1898 die feierlichen Gelübde ab. Dort wirkte er nicht nur mit Hingabe und unermüdlichem persönlichen Einsatz für Arme, Schwache und Kranke, sondern entwickelte gleichzeitig eine Vision: Die Region brauchte dringend ein Krankenhaus –der Orden sollte der Motor dafür werden. Und Kugler gelang das Kunststück, in wirtschaftlich schwierigsten Zeiten eines der größten Bauvorhaben in Regensburg zu realisieren. Kein Wunder also, dass seine Ordensbrüder ihn seit 1925 viermal zum Provinzial der Bayerischen Ordensprovinz wiedergewählt haben.
Der Krankenhausbau begann Ende der zwanziger Jahre, als die Wirtschaftskraft in Deutschland stetig abnahm und der Orden selbst noch mit den Spätfolgen der Säkularisierung zu kämpfen hatte. Doch Kugler nahm die Herausforderung an und schaffte es, die immense Finanzierungssumme von 8,3 Millionen Reichsmark zusammen zu bekommen. Und nicht nur das: Er engagierte für das Großprojekt den damaligen Star-Architekten Professor Albert Boßlet, dessen im Stil des Bauhauses errichteten Gebäudetrakte St. Pius und St. Vinzenz - damals für Frauen und Männer getrennt - zu den modernsten Einrichtungen in Deutschland zählten. Die Einweihung am 19. Juni 1929 wurde entsprechend groß gefeiert.
Der gute Geist Kuglers und sein Weitblick führten dazu, dass bereits wenige Jahre später eine Krankenpflegeschule auf dem Gelände eingerichtet wurde. Nicht einmal der zweite Weltkrieg konnte dem Krankenhauskomplex etwas anhaben: Wie durch ein Wunder gab es bei den beiden Häusern lediglich geringe Gebäudeschäden trotz der Nähe zu den Messerschmitt-Werken, bei denen viele Menschen ums Leben kamen. Nach dem Krieg beschlagnahmten die Amerikaner das Krankenhaus als Militärhospital. Während schon 1946 die Versorgung von männlichen Kranken im eigentlichen Frauenkrankenhaus St. Vinzenz erfolgen konnte, mussten die Frauen in der Augustenschule stationär behandelt werden. 1954 gaben die amerikanischen Besatzer auch das Gebäude St. Pius an die Barmherzigen Brüder zurück. Das allerdings erlebte Kugler nicht mehr, er starb am 10. Juni 1946 nach einem erfüllten Leben im Dienst der Mitmenschlichkeit.
Heute ist das Krankenhaus Barmherzige Brüder das größte katholische Krankenhaus in Deutschland und mit den vielen Erweiterungen der vergangenen 90 Jahre auch das größte Krankenhaus Ostbayerns. Für die Regensburger gehört das Krankenhaus zum Stadtbild wie der Dom und ist für viele – ganz im Sinne Kuglers – die erste Adresse, wenn es um Spitzenmedizin, beste Pflege und gelebte Barmherzigkeit geht.
Am 4. Oktober jährt sich die Seligsprechung Kuglers zum zehnten Mal. Das Krankenhaus und der Orden feiern dieses Jubiläum um 11 Uhr in einem Pontifikalgottesdienst mit Weihbischof Reinhard Pappenberger in der Krankenhauskirche St. Pius, zu dem alle Gläubigen herzlich eingeladen sind. Außerdem wird die Ausstellung „Das Herz befehle! – Seit 90 Jahren in Regensburg“ mit historischen Fotos eröffnet und die Chronik des Hauses „Das Gute sehen! 1929-2019“ vorgestellt.