Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Pränatale Betreuung bei Infektionen in der Schwangerschaft

Unter besonderer Berücksichtigung der Verhinderung und Vermeidung von Frühgeburtlichkeit und frühkindlichen Erkrankungen

Eine der zentralsten Herausforderungen der Geburtshilfe ist die die Vermeidung der Frühgeburtlichkeit. Die vaginale bakterielle Infektion spielt hierbei eine große Bedeutung.

Den schützendste Effekt stellt dabei die von Milchsäurebakterien dominierte Flora der Vaginalflora dar, worunter man definitionsgemäß die natürlich vorhandene, physiologische Besiedlung der weiblichen Scheide versteht, deren wichtigste Funktion der Schutz vor dem Eindringen von Keimen ist. Ob eine normale oder eine gestörte Vaginalflora vorliegt, kann anhand von Klinik, mikroskopischer Untersuchung im Nativpräparat und pH-Wert-Messung diagnostiziert werden.

Die bakterielle Vaginose (BV) stellt somit eine mikrobielle Gleichgewichtsstörung dieser Flora dar und kann in eine Infektion übergehen. Asymptomatische vaginale Besiedelungen in der Schwangerschaft sollten jedoch nicht antibiotisch behandelt werden sollten. Bei einer Scheideninfektion liegt jedoch nicht nur ein verändertes Keimspektrum, sondern auch eine veränderte Keimzahl, z. B. durch eine geschwächte Immunabwehr wie in der Schwangerschaft, zugrunde. Das Risiko für Frühgeburtlichkeit, die hauptsächliche Ursache für frühkindliche Erkrankungen und eine hohe Kindersterblichkeit, erhöht sich drastisch. Zwischen 7 und 20% der Frauen entwickeln im Verlauf ihrer Schwangerschaft eine derartige bakterielle Infektion mit oft schweren Folgen. 40% der Frühgeburten werden durch vaginal aufsteigende gram-negative und gram-positive Darmbakterien verursacht, die eine vorzeitige Wehentätigkeit (WTK), einen vorzeitigen Blasensprung (BSP), gefolgt von einer Fehl-oder Frühgeburt auslösen können.

Maßnahmen und Therapie

Sollten Sie Hinweise auf Frühgeburtlichkeit haben, werden wir uns im Rahmen der Ambulanz oder im stationären Aufenthalt intensiv darum bemühen, durch gezielte Maßnahmen wie eine antibiotische Therapie, ggf. in Kombination mit Wehenhemmung, eine Frühgeburt zu vermeiden. Intensive Forschungsarbeiten zu diesem Thema erlauben uns, modernste Strategien und Therapien anzuwenden. In Kombination mit einem spezialisierten Labor können wir Keime, die zur Frühgeburt führen, identifizieren und gezielt behandeln.
Zur Wehenhemmung nutzen wir alle wissenschaftlich erwiesen wirkungsvollen Mittel einschließlich Nifedipin und Indometacin. Sie werden detailliert über das für Sie individuell passende Therapieregime informiert und aufgeklärt.

Viruserkrankungen

Virale Infektionskrankheiten spielen gerade in der Schwangerschaft, in der zwei Leben betroffen sind, eine besondere Rolle. Gerade das Röteln-Virus, das bei Übertragung auf das Ungeborene schwere kindliche Schäden verursacht, wie Taubheit, Blindheit und Herzfehler, ist dafür das klassischste Beispiel: Durch konsequente Testung auf und Impfung gegen dieses Virus konnte es in Deutschland "ausgerottet" werden (der letzte Fall hierzulande ereignete sich 2005). Dies wurde nur durch eine intensive Aufklärung und konsequentem Impfen erreicht. Aber leider können nicht alle Viruserkrankungen durch Impfungen verhindert werden, da manche Impfstoffe noch gar nicht existieren.

Im Rahmen der Schwangerschaftsbetreuung in Deutschland ist die Untersuchung (Mutterschutzrichtlinien) einer Reihe wichtiger v. a. viraler Infektionskrankheiten festgelegt: Dazu zählen wie oben erwähnt Röteln (Rubella Virus), HIV, Hepatitis B (HBV) und Windpocken (Varizella Zoster Virus, VZV). Weiterhin schwangerschaftsrelevante Viren sind v. a. das Cytomegalie-Virus (CMV), das Parvovirus B 19 (Ringelröteln), sowie das Hepatitis C -(HCV) und das Herpes simplex-Virus (HSV). Bei viralen Infektionskrankheiten (wie CMV) fehlen häufig typische klinische Symptome bei der Mutter, so dass eine bestehende Erkrankung klinisch nicht erkennbar ist. Daher ist es wichtig in der Frühschwangerschaft auf diese Infektionen zu testen. Unter dem Begriff der TORCH-Serologie (abgekürzt von engl. Toxoplasma, Others, darunter Lues, Parvovirus B19, VZV und Listerien, Rubella, CMV und HSV) werden Antikörperbestimmungen gegen diese verschiedenen Erreger zusammengefasst. Auch klassische Kinderkrankheiten wie Masern oder Mumps müssen abgeklärt werden, soweit die Schwangere keinen ausreichenden Impfschutz besitzt. In diesen Fällen besteht u. a. auch die Notwendigkeit den Immunstatus der Mütter zu überprüfen, um virale Infektionen möglichst frühzeitig zu erkennen oder auszuschließen. Untersuchungsmethoden wie ELISA-, PCR- und Immunoblot-Verfahren zur spezifischen Antikörpertestung oder Aviditätsbestimmung kommen dabei gerade auch bei der Untersuchung auf das Humane Cytomegalie-Virus (CMV) zum Einsatz.

CMV (Cytomegalievirus)

Die CMV-Durchseuchungsrate in der Weltbevölkerung: liegt bei 50-60%. CMV verursacht mit 0,3–2,5% aller Lebendgeburten die weltweit häufigste auf das ungeborene Kind übertragbare Infektion. Die Kinder können unter schweren Folgezuständen wie Gehörverlust, Sehstörungen und mentalen Einschränkungen leiden. Leider stellt die Testung auf CMV hierzulande keine vorgeschriebene bezahlte Leistung in der Schwangerschaft dar, sondern wird auf Wunsch kostenpflichtig durchgeführt.

Sollten Sie eine CMV-Infektion in der Schwangerschaft erlitten haben, so bieten wir Ihnen folgende hochspezialisierte Leistungen an

  1. Ausgiebige Beratung zu den Folgen für das Ungeborene
  2. Frühe Organdiagnostik
  3. Einleitung einer prophylaktischen Therapie mit Hyperimmunglobulin zur Vermeidung eines Übertrittes der Viren auf das Kind
  4. Fruchtwasserpunktion zur Diagnose einer kindlichen Infektion
  5. Einleitung einer medikamentösen Therapie gegen das Virus bei kindlicher Infektion noch im Mutterleib

Zudem entnehmen wir zum Zeitpunkt der Geburt Plazentagewebe und Nabelschnurblut, um eine kindliche Infektion sicher ausschließen zu können.

HIV

Ein anderes Virus, dass gerade in der Schwangerschaft untersucht werden sollte, ist das Humane Immundefizienz-Virus (HIV), denn eine bestehende oder neu entdeckte HIV-Infektion bei schwangeren Frauen hat nicht nur weitreichende Konsequenzen für die Mutter, sondern v. a. bei intrauteriner Übertragung auch für das Kind. Die notwendigen Maßnahmen zur Vorbeugung einer Mutter-Kind-Übertragung können nur dann getroffen werden, wenn die HIV-Infektion der Mutter bekannt ist. Deshalb wird möglichst früh in der Schwangerschaft und v. a. bei erhöhtem Risiko (z.B. HIV-positiver Partner) ein HIV-Antikörpertest empfohlen. Nach erkannter HIV-Infektion in der Schwangerschaft wird heute umgehend mit einer anti-viralen Therapie der Mutter und wenn nötig anti-virale Infusionen während der Geburt zur Vorbeugung einer Übertragung des HI-Virus auf das ungeborene Kind bereit gestellt. In Europa wurden vor Einführung dieser Maßnahmen ca. 15 – 25 % der Kinder HIV-positiver Mütter mit HIV infiziert, heute sind es unter 0,01 %.

Sollten Sie HIV-positiv sein, so bieten wir Ihnen eine spezialisierte Mitbetreuung in der Schwangerschaft an, einschließlich Beratung zur Medikamenteneinnahme und frühem Organultraschall. Wir überwachen Sie besonders intensiv, wenn Frühgeburtsbestrebungen im Raum stehen. Zudem werden wir mit Ihnen und zusammen mit unseren Kinderärzten die ideale geburtsform besprechen, um eine kindliche Infektion zu verhindern. Heute erlauben die hocheffizienten Therapien sehr oft auch eine vaginale Entbindung, ohne hierbei das kindliche Infektionsrisiko zu erhöhen. Dies werden wir gerne mit Ihnen zusammen erörtern und Ihrer Situation entsprechend die Geburt planen.

Zudem werden wir Sie intensiv über eine mögliche prophylaktische Therapie des neugeborenen Kindes informieren. Hierfür wird Ihr Kind durch die hiesigen Kinderärzte betreut werden.

Parasitäre Erkrankungen: Toxoplasma gondii

Eine weitere in der Schwangerschaft relevante, jedoch nicht virale Infektionskrankheit stellt die Toxoplasmose dar. Toxoplasma gondii, der Verursacher ist ein Einzeller, der bei Infektion von gesunden Erwachsenen nur eine asymptomatische Klinik aufweist. Dagegen stellt die Toxoplasmose-Infektion in der Schwangerschaft eine Bedrohung für das Ungeborene dar, da die Kinder nach der Geburt oft sehr schwere Schäden an den Augen, am Gehirn, an Leber, Milz und weiteren Eingeweiden aufweisen können. Die Übertragung des Parasiten erfolgt z. B. durch Katzenkot. Zudem sollte der Verzehr von rohem oder ungenügend gekochtem Schweinefleisch (z. B. "Tartar Hackepeter, Mett") als weitere Infektionsquelle nicht unterschätzt werden. Als Therapie werden bestimmte Antibiotika angewandt, nämlich ist bis zum Ende der 15. Schwangerschaftswoche die Gabe von Spiramycin und ab der 16. Schwangerschaftswoche eine Kombination von Pyrimethamin und Sulfadiazin zusammen mit Folsäure empfohlen. Da durch eine frühzeitige Therapie das Risiko einer kindlichen Schädigung verringert werden kann, wird der frühzeitigen Entdeckung einer Infektion in der Schwangerschaft eine hohe Bedeutung beigemessen. Die einzige Möglichkeit, gefährdete Frauen ohne Immunität zu identifizieren, bietet die serologische Blutuntersuchung. Leider ist in Deutschland eine solche routinemäßige Untersuchung in der Schwangerschaft noch immer nicht vorgeschrieben, sondern wird als IGEL-Leistung angeboten.

Sollte bei Ihnen eine forsche Toxoplasmainfektion in der Schwangerschaft auftreten, so werden wir mit Ihnen zusammen eine spezifische Antibiotikatherapie besprechen, welche hocheffizient ist. Zum Ausschluss einer kindlichen Erkrankung führen wir eine spezialisierte Ultraschalluntersuchung durch und können Fruchtwasser entnehmen, um dieses auf Toxoplasmen hin zu untersuchen. Zudem entnehmen wir zum Zeitpunkt der Geburt Plazentagewebe und Nabelschnurblut, um eine kindliche Infektion sicher ausschließen zu können.

Ihre Ansprechpartnerin:
Funktionsoberärztin PD Dr. med. Dipl. Biol. Edith Reuschel

Kontakt:
Tel. +49 (0)941 369 5204
​​​​​​​E-Mail Schwangerenambulanz​​​​​​​

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